Zetermordio, Kriminalfälle aus den vier Waldstätten – ein Werkstattbericht
Dinah Knuchel & Eva Bachmann
Seit Frühling 2022 erzählen wir Zuhörer:innen in unserem Podcast jeweils abwechselnd von einem historischen Kriminalfall aus den fünf Zentralschweizer Kantonen Nidwalden, Obwalden, Uri, Schwyz und Luzern. Diese reichen von Mord und Totschlag über Zwangsarbeit hin zu häuslicher Gewalt und enden mit einem – mehr oder minder leicht verdaulichen – Absackerli zum Schluss.
In diesem Kurzinterview berichten wir von unseren bisherigen Erfahrungen der Recherche über menschliche Abgründe anhand von Fragen, die uns von Freund*innen, Familie und Bekannten gestellt wurden.
Wie sehen unsere Auswahlkriterien aus?
Eva Wir versuchen da eine Gradwanderung zwischen Pragmatismus – sprich, was ist überhaupt an Quellen in den Staatsarchiven vorhanden – und Abwechslung. Es soll nicht bei jedem Fall um männliche Täter und weibliche Opfer gehen, oder dass Klischees von weiblichen «Kriminellen» nicht gleich zu Beginn mit Hexen und angeblichen Kindsmörderinnen bedient werden.
Dinah Einen Fall nur aus Primärquellen aufzuarbeiten, bedeutet einiges an Arbeit. Manchmal finden sich auch «Schätze» in der Bibliothek. Bei neueren Fällen ist die Quellenarbeit eine andere. Da stellen wir uns die Fragen: Was für Medienberichte gibt es? Wie detailliert sind sie?
Haben wir schon auf Fälle verzichtet? Wieso?
Dinah Bei Fällen, bei denen kaum oder nur fragmentarisch Quellen vorhanden sind. Bisschen salopp geschrieben: Kein Fleisch am Knochen. Die werden aber nicht in den Papierkorb geworfen, wir haben ja genau für solche Fälle das Absackerli.
Eva Ich beschäftige mich jeweils relativ intensiv mit dem Quellenmaterial. Von der Recherche mal abgesehen, nimmt allein die Transkription der Unterlagen jeweils einige Tage und mich in Anspruch – speziell bei den Verhörprotokollen fiebere ich mit. Ich fände es deshalb schwer ertragbar, wenn ich mich z. B. mit Missbrauch an einem Kind beschäftigen müsste, weswegen ich dem Thema wohl immer ausweichen werde.
Wissen wir jeweils wirklich nicht voneinander, was uns erwartet?
Eva Bei der ersten Folge haben wir uns abgesprochen. Seither wissen wir nur, in welchem Kanton sich der nächste Fall abspielen wird. So können wir ehrlicher reagieren (auch wenn das heisst, dass wir zu ironische Sprüche wieder rausschneiden müssen…) und ich komme nicht in Versuchung, im Vorfeld historische Zusammenhänge zu recherchieren oder noch mehr Fussnoten einflechten zu wollen. Das kommt mir bei dem zeitaufwändigen Hobby sehr zu Gute und wohl auch den Zuhörer:innen (und Dinah), deren Geduld nicht überstrapaziert wird.
Dinah Nein, definitiv nicht. Es ist für mich jedes Mal spannend, einen mir unbekannten Fall zu hören. Zwar wäre es für das Schneiden des Podcasts um einiges einfacher, wenn wir ein klares Skript hätten. Aber, ach, das wäre doch langweilig für alle.
Braucht’s überhaupt noch so einen Podcast?
Dinah Ich bin schon lange unglaublich grosser True Crime Fan. Ob Podcast, Serien oder Dokus. Ich tue mir alles an. Und ich bin da definitiv keine Ausnahme. Irgendwann in meiner Arbeit im Staatsarchiv stiess ich auf spannende Kriminalfälle und merkte, dass es noch kein entsprechendes Format in der Zentralschweiz gibt. So kam die Idee, diese Lücke zu füllen. Der Umstand, dass Eva und ich beide an der Quelle arbeiten, erleichtert es uns natürlich ungemein.
Eva Wir bemühen uns dabei sehr, die Fälle jeweils in die historischen Zusammenhänge einzubetten und somit auch das Wissen um zeitgenössische Gepflogenheiten und Ansichten zu vermitteln. Es ist uns sehr bewusst, dass es sich um Menschen handelt und keine Unterhaltungsobjekte und wir hoffen, dass wir das auch so rüberbringen. Mir persönlich ist es deshalb auch wohler, wenn die Kriminalfälle schon sehr lange (also im Zeitempfinden von Nicht-Historiker:innen) zurückliegen, damit keine persönlichen Beziehungen mehr vorhanden sind und somit auch keine Angehörigen, die verletzt werden könnten, auch wenn wir um eine möglichst faire Darstellung bedacht sind.
Gibt’s denn genügend Kriminalfälle, über die wir berichten können?
Eva Die schriftlich tradierte Geschichte zu Gerichtsfällen geht um einige Jahrhunderte zurück – menschliche Untaten noch viel weiter. Die Fälle werden uns nicht ausgehen, höchstens die Nerven.
Dinah ja, die Nerven. Ein Comic Relief, für gewöhnlich in Form des Absackerlis, ist deshalb wichtig für uns und höchstwahrscheinlich auch für unsere Hörer*innen.
Link zum Podcast
Dinah Knuchel und Eva Bachmann sind beide Mitarbeiterinnen des Staatsarchivs Luzern, langjährige Mitglieder des Frauenstadtrundgangs Luzern und erfolgreiche Podcasterinnen.